Höhere Zuverlässigkeit bei der Gewichtskontrolle fahrender LKW.

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Gewicht und Anzahl von LKW auf Fernstraßen haben stark zugenommen. (© Fotolia_Yuri Bizgaimer)

Stark zunehmende Fahrzeugzahlen und steigende Fahrzeuggewichte gehen nicht spurlos an unseren Straßen vorbei. Die gestiegenen Verkehrslasten führen zu Straßenabnutzung und Brückenschäden. Vor diesem Hintergrund besteht von staatlicher Seite Interesse daran, Weigh-In-Motion(WIM)-System soweit zu verbessern, dass die Gewichte von Fahrzeugen auch auf Autobahnen ohne Geschwindigkeitsbegrenzung sicher erfasst werden können. Eine detaillierte Betrachtung der Messungenauigkeiten und der Systemzuverlässigkeit solcher WIM-Systeme durch das Fraunhofer LBF soll dabei helfen, dass solche Systeme in Zukunft eine Zulassung als standardisiertes Messverfahren erlangen können. Dies würde eine Gewichtskontrolle ermöglichen, die ähnlich einem Geschwindigkeits- oder Rotlicht-»Blitzer« direkt gerichtsfeste Beweise liefert.

Überladene LKW zerstören unsere Straßen

Überladene LKW stellen ein wesentliches Problem für den Straßenverkehr dar. Eine der Hauptfolgen der Überladung von LKW ist die Verminderung der Fahrstabilität und der Fahrsicherheit und damit das erhöhte Risiko für Verkehrsunfälle. Eine zweite wesentliche Konsequenz ist die erhöhte Straßenbeanspruchung, die zu einer höheren Schädigung der gesamten Fahrbahn sowie von Brücken führt. Beide Aspekte haben somit auch wirtschaftliche Auswirkungen für die Gesellschaft.

Genaue und zuverlässige Messungen der Achslasten sind deshalb nötig, um die Überladung von LKW zu überwachen und eventuelle Maßnahmen vorzeitig zu ergreifen. Typischerweise wird das Fahrzeug nach einer Vorselektion aus dem Verkehr genommen und statisch auf geeichten Waagen mit sehr hoher Messgenauigkeit gewogen. Deshalb wurde dieses System bis Mitte der 1990er Jahren als einziger Weg eingesetzt, um gerichtsfeste Verwägungen durchzuführen. Trotz der sehr guten Genauigkeit ergeben sich bei diesem Verfahren jedoch Nachteile:

  • Nur wenige Fahrzeuge können exemplarisch oder im Fall eines Verdachts gewogen werden.
  • Die Zeit-, Personen- und Kostenaufwände sind hoch.
  • Die Umleitung zu wiegender Fahrzeuge hat negative Einflüsse auf den Verkehr.

Vom Fraunhofer LBF gemessene radseitige Kräfte entsprechen den Belastungen, denen Straßen ausgesetzt sind.

Straßenintegrierte Sensorik hilft, den Verkehr zu überwachen. (© BASt)

 

Die Zulassung komplexer Gewichtssensorik erfordert ein detailliertes Systemverständnis

Ziel des Projektes LiBra ist eine umfassende simulationsbasierte Unsicherheitsbewertung eines Weigh-In-Motion-Systems (WIM-Systems), welches geeignet ist, eine Verwiegung von schnell überfahrenden Lasten so vorzunehmen, dass die Einflüsse der durch die Fahrdynamik entstehenden Überlagerungen der Gewichtskräfte auf die Gewichtsmessung minimiert werden können. Diese Unsicherheitsbetrachtung wird folgende Elemente / Parameter des WIM-Systems mit einbeziehen: 

Unsicherheiten der Kraftmesseinrichtung (Sensorik) resultierend aus 

  • Breite (im Vergleich zur Radaufstandsfläche)
  • Nachgiebigkeit / Steifigkeit (im Vergleich zu umgebenden Fahrbahn)
  • Eigenschwingverhalten
  • Temperaturverhalten
  • Zuverlässigkeit der Sensorik

Unsicherheiten aus dem der Kraftmesseinrichtung vorangehende Straßenstück, resultierend aus 

  • Fahrbahnunebenheiten
  • Fahrbahnrauigkeit
  • Fahrbahnverlauf (im Sinne des Kurven- und Höhenprofils)

Unsicherheiten aus den Fahrzeugparametern, resultierend z.B. aus

  • Eigenschwingverhalten verschiedener Fahrzeuge
  • Reifengeometrie und -druck (Aufstandsfläche, Tragverhalten, …)

Unsicherheiten aus Fahrmanövern, resultierend z.B. aus 

  • Brems- und Beschleunigungsmanöver vor oder bei der Überfahrt
  • Lenkmanövern vor oder bei der Überfahrt
  • durch Seitenwind und überholende Fahrzeuge veränderte Lastverteilung

Unsicherheiten aus der Verrechnung der Messsignale, z.B. resultierend aus 

  • der Anzahl mehrerer Kraftmesseinrichtungen
  • der Verteilung mehrerer Kraftmesseinrichtungen

Mit Hilfe eines detaillierten Mehrkörpersimulationsmodells des Reifen-Sensor-Kontaktes, eines mechanischen Sensormodells und einem Fahrdynamikmodells des Ganzfahrzeugs wurden mehrere Simulationen mit Variation der Einflussfaktoren und Parameter durchgeführt.

Die im Projekt LiBra erzielten Ergebnisse dienen als quantitative Aussage der Relevanz der wesentlichen Einflussfaktoren und Parameter eines WIM-Systems für die Qualität der Gewichtsmessung.

 

Fahrdynamikmodel eines LKW in der Software IPG-TruckMaker.

 

Simulierte Druckverteilung im Reifenlatsch zu einem Zeitpunkt (links) und resultierende WIM-Sensorkraft als Funktion der Zeit (rechts).

Das Projekt LiBra ist ein Schritt auf dem Weg zum Gewichts-»Blitzer«

Das Projekt LiBra leistet mit seinen generischen Aussagen einen Beitrag zur Entwicklung eichfähiger und gerichtsfester Systeme. Die Umsetzung und Installation solcher Systeme im Straßennetz würde zu einer Schonung der Straßenstruktur beitragen. Zwar gelten auch heute schon strikte Grenzen für Gesamtgewichte und Achslasten. Deren weit verbreitete oder sogar lückenlose Überprüfung ist mit dem aktuellen, üblichen Vorgehen jedoch nicht möglich. Darunter leidet die – notfalls gerichtliche – Durchsetzung der gesetzten Grenzen. Das Projekt LiBra ermöglicht eine deutliche Verbesserung der Überwachungsquote und trägt damit auch zur Schonung der Straßenstruktur bei.

Förderer

Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)

Das Forschungsvorhaben FE 88.0165/2017 – »LiBra – Lasten in Bewegung rechtssicher aufzeichnen« wird gefördert durch die Bundesanstalt für Straßenwesen im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Die Verantwortung für den Inhalt liegt allein beim Autor.

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