Simulationsbasierte Optimierung einer Fahrwerksregelung.

Fuzzy-Regler, Pareto-Optimierung, Genetische Algorithmen

Einsatz adaptiver Fuzzy-Regler für aktive Fahrwerksanwendungen.

Der Einsatz aktiver Fahrwerkskomponenten ermöglicht es, das Verhalten des Fahrzeugs in Echtzeit an die jeweilige Fahrsituation und einen gewählten Fahrmodus anzupassen. Die Aufgabe des Fahrwerks ist es, dabei den Kontakt mit der Fahrbahn sicherzustellen und gleichzeitig den Anforderungen an den Fahrkomfort gerecht zu werden. Eine hohe Fahrsicherheit bei gleichzeitig hohem Fahrkomfort kann durch den Einsatz semi-aktiver geregelter Fahrwerke erreicht werden. Die Verfügbarkeit hochgenauer Simulationsmodelle des Fahrzeugs und der verwendeten Komponenten motiviert dabei den Einsatz simulationsbasierter Reglerentwurfsverfahren auf Basis genetischer Algorithmen.

Einsatz genetischer Algorithmen

Genetische Algorithmen finden in unterschiedlichen Bereichen Verwendung. Insbesondere mechatronische Systeme können aufgrund der vielschichtigen, wechselseitigen Anforderungen im Systementwurf zukünftig von diesen metaheuristischen Optimierungsverfahren profitieren. In Anlehnung an die Natur wird eine Parameterkonfiguration für ein gegebenes Problem künstlich evolutioniert. Im betrachteten Anwendungsfall wurde diese Methode im Fraunhofer LBF auf die Optimierung eines Fuzzy-basierten Fahrwerkreglers für semi-aktive Fahrwerke angewandt. Hierbei berücksichtig das Verfahren zeitgleich eine Zielfunktionen zur Optimierung der Fahrsicherheit und eine Zielfunktion zur Optimierung des Fahrkomforts.

Fuzzy-basierte Regelungsverfahren

Die eigentliche Regelungsstruktur wird zu Beginn mit drei unterschiedlichen Ebenen initialisiert: In der ersten Ebene erfolgt die Beobachtung der eingehenden Sensorgrößen und die Extraktion spezifischer Merkmale. Die so detektierten Eigenschaften dienen der Charakterisierung und Interpretation des aktuellen Fahrzustandes. In der dritten Regelungsebene erfolgt die Berechnung einer optimalen Stellgröße.

Erweiterung des Lösungsraums durch den Einsatz Fuzzy-basierter Regler für semi-aktive Fahrwerke.

Simulationsbasierte Optimierung

Für das Projekt setzen Experten im Fraunhofer LBF eine Gesamtsystemsimulation des Fahrzeugs mit semi-aktiven Dämpfern in der Software Matlab/Simulink um. Zusätzlich zu einem virtuellen Fahrer wurden auch wechselnde Fahrbahnuntergründe integriert. Das Fahrzeugmodell beinhaltet neben einer nicht-linearen Mehrkörpersimulation des Fahrwerks und eines Reifenmodells ebenfalls die strukturdynamischen Eigenschaften der Fahrzeugkarosserie in der Form eines reduzierten Finite-Elemente Modells. Die Komponenten des Federbeins mit semi-aktivem Dämpfer wurden mit Hilfe parametrischer Modelle mit konzentrierten Parametern in der Gesamtsystemsimulation berücksichtigt. Für die eigentliche Umsetzung der Optimierung der Regelparameter implementierten die Wissenschaftler einen angepassten genetischen Algorithmus in der Programmiersprache Python. Zur Auswertung der Zielfunktionen der gegebenen Parameterkonfigurationen einer Generation  startet das Python-Programm mehrere Matlab-Instanzen. So lässt sich die Optimierungszeit durch eine parallele Berechnung deutlich reduzieren. In einem nächsten Programmschritt werden automatisiert gute Lösungen ausgewählt und eine weitere Generation mittels Rekombination und Mutation erzeugt. Das Programm stoppt, sobald die Zielanforderung hinsichtlich Fahrsicherheit und Fahrkomfort unter der Berücksichtigung der physikalischen Randbedingungen optimal eingestellt wurden.

Kundennutzen

Im Gegensatz zu einem modellbasierten Regelungsentwurf ist das entwickelte Verfahren zur simulationsbasierten Optimierung flexibel einsetzbar, nicht auf ein zusätzliches Modell der Regelstrecke angewiesen, und die Regelungsstruktur kann – wie beim eingesetzten Fuzzy-Regler mit vielen Parametern – frei gewählt werden. Für den simulationsbasierten Regelungsentwurf muss die innere Struktur der Regelstrecke zudem nicht bekannt sein, und vertrauliche Modelle oder Black-Box-Modelle können im Entwurf berücksichtig werden. Das entwickelte Verfahren kann entwicklungsbegleitend bereits in einer frühen Phase der Produktentwicklung eingesetzt werden und wird bei einer Änderung der Anforderungen oder des Modells automatisiert durchlaufen, um einen aktualisierten Regelungsentwurf zu berücksichtigen. Die Flexibilität des Verfahrens ermöglicht ebenfalls die Anpassung der Zielfunktionen oder die Berücksichtigung zusätzlicher Optimierungskriterien, wie beispielsweise der mechatronischen Systemparameter.

Förderer und Partner

Das Vorhaben wurde im Rahmen des Eigenforschungsprojektes »Digitalisierung in der Prüftechnik« durch das Fraunhofer LBF gefördert.

»Die mit der zunehmenden Digitalisierung verbundene Verfügbarkeit hochgenauer Simulationsmodelle ermöglicht einen simulationsbasierten Regelungsentwurf. Perspektivisch gestattet er die Integration hochfunktionaler Reglerstrukturen und minimiert den Aufwand zeitintensiver Versuche zur Parameterfindung am realen Fahrzeug.« Jonathan Millitzer M.Sc., Gruppenleiter für Regelungstechnik am Fraunhofer LBF

Ihr Ansprechpartner zu diesem Projekt